openSUSE 12.2 - Auf festen Beinen

Wie vor einigen Wochen zu hören war, steht es um die Entwicklung von openSUSE nicht mehr so gut. Die Entwickler suchen nun nach einem neuen Model für die Entwicklung des Systems. Ich hab mir aus diesem Anlass mal die aktuelle Entwicklungsarbeit in Form von openSUSE 12.2 Beta 2 angeschaut.

Bootlogo auf Virtualbox (etwas verutscht)
An Neuerungen bringt openSUSE 12.2 eine ganze Menge mit. So kommt neben einem Kernel 3.4 auch Systemd zum Einsatz, der den Start deutlich beschleunigt. In meinen Tests in der virtuellen Maschine (VirtualBox) auf einer herkömmlichen Festplatte braucht der Start zum Login Manager rund 20 Sekunden. Zum vollständigen KDE 4 Desktop braucht es dann nochmal 10-15 Sekunden länger. Auf einer SSD ist das natürlich deutlich schneller.
Der KDE 4.8.4 Desktop erstrahlt im bekannten Standarddesign mit einem in grün gefärbten openSUSE Hintergrund. Effekte werden, wenn möglich, automatisch aktiviert und das auch in einer virtuellen Maschine. Dafür wird auch direkt der VirtualBox Treiber für die Grafikkarte beispielsweise mitgeliefert.

KDE 4.8.4 Desktop im openSUSE Design
KDE wurde wieder aufgebohrt mit einigen Patches und Änderungen. Mit dabei beispielsweise, der leider immer noch nicht übernommene Patch zur Darstellung der Panelhöhe in Pixel, oder auch das Sysinfo KIO, dass einem neben aktuellen Medien auch Informationen zu verwendeten Hardware sowie Netzwerkkonnektivität bietet. Im Multimediabereich wird das beste was KDE Software zu bieten hat in Form von Amarok, für Musikverwaltung, und Kaffeine, für Videowiedergabe egal ob von DVD, Lokal oder DVB-T/S.
Das Herzstück von openSUSE, und das egal auf welchem Desktop, ist die Konfigurationszentrale YAST 2, die in einem wunderschönen Design daherkommt.
Yast2 - Die Konfigurationszentrale unter openSUSE 

Mit YAST 2 kann man im Grunde alles konfigurieren was man am PC konfigurieren will. Ob nur das Einrichten der Soundkarte oder des Druckers, oder auch komplexere Sachen, wie das Einrichten eines WebServers oder bestimmter Freigaben für Windows(SMB) oder UNIX (NFS), alles kein Problem mit YAST 2. Dank der Anbindung an WebYast kann man sein System auch aus der Ferne per Webbrowser steuern und konfigurieren.
Software nachinstallieren wird ebenfalls per in YAST enthaltenem Paketeinstaller durchgeführt. Dieser besitzt eine Kategorieansicht sowie eine durchaus mächtige Suche. Leider scheinen die Software Beschreibungen zu den Programmen nicht immer lokalisiert zu sein. Das Auffinden von Software für einen Anfänger ist, wenn er nicht genau weiß wonach er sucht, etwas kniffelig. Man muss sich durch die in den Kategorien befindlichen Programmen klicken und die Beschreibung lesen um zu gucken, ob es das ist was man sucht.
Software Installieren und Löschen unter openSUSE

Ebenso fehlen eine Screenshotfunktion oder gar eine Bewertung der Applikation. Man muss also selber erstmal installieren um sich einen Eindruck zur Anwendung zu holen oder im Netz nach Eindrücken suchen.
Hier scheint also noch Nachholbedarf zu sein, auch wenn die Installation dann von Programmen durchaus flott und schnell von statten geht.
Die Integration von GTK-Anwendungen in die KDE Oberfläche ist wieder einmal super gelungen. Bestes Beispiel stellen hier Firefox 13 und Thunderbird 13 dar.
Firefox 13 im Oxygen-GTK Look mit Anpassungen für KDE
Diese werden nicht nur optisch mit dem Oxygen-GTK Theme so gestyled, dass diese quasi perfekt in den Desktop passen, sondern erhalten sogar patches, so dass der native Öffnen/Speichern Dialog von KDE genutzt wird. Als vorinstallierte GTK-Anwendung wird neben Firefox auch Gimp, in der brandaktuellen Version 2.8, mitgeliefert. Die Integration von Gimp ist ebenfalls sehr gut gelungen, dank der harten Arbeit des Oxygen-GTK Teams.
Ein spezielles meist auf GTK basierendes Programm stellt LibreOffice dar, dass natürlich auch von openSUSE in der aktuellsten Version mitgeliefert wird. Hier zeigt sich, genauso wie bei Gimp, die einheitliche Integration der Programme, durch kleine Anpassungen wie z.B. den Splash Screen.
LibreOffice Splash Screen unter openSUSE 12.2
Dadurch fühlt sich das System insgesamt stimmiger an und es wirkt professioneller. Das merkt man auch an fast jeder Ecke von openSUSE.
Richtig toll gelungen ist immer noch der Update Manager bzw. dessen Funktion, dass bei einem ersten Update, Grafikkartentreiber (proprietär) falls gebraucht und Codecs sowie der FlashPlayer nachinstalliert werden. Das erspart einem Zeit da extra was herunterladen zu müssen. Aber selbst wenn, so kann der One-Click-Installer binnen Minuten ein neues Repo einbinden und eine bestimmte Software herunterladen.
Genauso einfach lässt sich auch die Softwarequellenliste manuell bearbeiten. Bzw. hier gibt es auch eine recht große Auswahl von verschiedenen Quellen die man mit einem Hacken nur aktivieren braucht. Mit dabei sind z.B. extra VLC oder Mozilla Quellen mit den neuesten stabilen Versionen ihrer Software oder auch Community Quellen die einem das Abspielen von verschlüsselten DVDs und mehr ermöglichen. Auch das Wechseln auf die Tumbleweed Rolling Release mit meist Bleeding Edge Anwendungen ist mit wenigen Handgriffen gemacht.
Mit openSUSE kann also vom Einsteiger bis zum Geek, der immer aktuellste Software auf seinem Rechner haben will, jeder seinen Spaß haben. openSUSE 12.2 steht somit nicht wesentlich schlechter dar als seine Linux interne Konkurenz. In vielen Punkten steht es sogar besser da. Man kann hier über den ein oder anderen Punkt streiten aber YAST 2 ist und bleibt eine komfortable und gute Konfigurationssoftware für den Desktop. Der One-Click-Installer ist eine geniale Erfindung, die nur noch mit einem "Software Center" als Webseite gekrönt werden müsste. Die Auswahl an Software und die Möglichkeit Softwarequellen von einer bestehenden Liste hinzuzufügen ist gut durchdacht und erlaubt selbst Einsteigern das langsamere herantasten an Funktionen eines fortgeschrittenen Nutzers.

openSUSE ist und bleibt eine solide Linux Distribution die vom Anfänger über den Server Admin bis hin zum Bleeding Edge liebenden Geek alle bedienen kann. Bereits die Beta Version läuft sehr stabil und steht dank der gut 8 monatigen Entwicklungsphase auf festen Beinen. Die Aufkommende Diskussion über einen neuen Releaseplan und eine veränderte Entwicklungsarbeit in openSUSE sollte niemanden in Panik versetzen oder gar davon abhalten openSUSE 12.2 auszuprobieren. Es ist zwar ärgerlich, dass dieses Release wohl 2 Monate später als geplant heraus kommen wird, aber ein Beinbruch sehe ich da noch nicht.

2 Kommentare:

Paul hat gesagt…

Ein wirklich schöner Bericht.

Momentan habe ich so ein wenig den Eindruck, dass in der Linux-Welt einige Bewegungen stattfinden. Jeder Zweite scheint auf der Suche nach einer neuen Distribution zu sein, zumindest liest man vermehrt Artikel für solche Suchen. Da kommen solche Beiträge natürlich immer gut ;-).
Dieser Aufbruchdrang aber hat auch mich etwas erfasst und ich teste fleißig verschiedene neue Systeme.

Natürlich führt da kein Weg an OpenSuse vorbei. An vielen Stellen wird sie doch immer wieder gelobt und als die beste KDE-Linux-Distribution gepriesen. Als KDE-User macht mich das natürlich neugierig.
Meine persönlichen Tests sind da aber immer etwas ernüchternd.
Ich rede jetzt zwar von der "alten" 12.1 Version, aber laut deinen Ausführungen scheinen die grundlegenden Dinge beibehalten zu sein.

Was mich ziemlich gestört hat, war der erste optische Eindruck. Dieses Grün gefällt mir gar nicht. Am liebsten habe ich das stinknormale Standard-Blaue KDE Design. Wenn ich ein Linux mit KDE benutzen will, erwarte ich, dass es so daher kommt wie ich KDE kenne, ansonsten fühlt man sich direkt zu Beginn unwohl. Da kann die Implementierung noch so gut sein, der erste Eindruck ist nur oft entscheidend. Das ist leider auch ein Punkt, der mir an Neptune nicht so gefällt. Das habe ich natürlich auch mal ausprobiert. Hier wurde ja auch das Standard Oxygen Design leicht verändert.

Was du ja auch schon erwähnt hast, ist dieses YAST. Ich hatte damit eher mehr Probleme als dass ich einen Nutzen darin gesehen habe. Es hat oft nicht reagiert und ist öfter mal abgestürzt.

Was man aber noch positiv hervorheben sollte, ist, dass KDE bei OpenSUSE stets erste Wahl ist. Die Entwickler geben sich da wirklich Mühe und entsprechend braucht man sich da über mangelnden Support keine Gedanken zu machen, nicht zuletzt wegen der großen Community, die natürlich auch für sich spricht.

Andreas Tomiak hat gesagt…

Sehr schön zusammengefasst.
Auch beim Release Candidate ist alles sehr rund gelungen. YaST ist inzwischen ein sehr reifes Tool, wenn auch hin und wieder für mich ärgerliche Änderungen darin gemacht werden. Insgesamt ist es aber, auch wegen der Möglichkeit zur völligen Automatisierung von Installationen, bei den Linux-Distros konkurrenzlos. Ich pflege seit 1994 eine firmenweite Linux-Installationsumgebung und möchte YaST nicht missen. Thunderbird und Firefox und weitere Software bieten wir zentral über NFS an, auch so etwas lässt sich mit openSUSE wunderbar machen. Wie bei allen Linux/Unix-Umgebungen muss man sehr auf das Environment achten, so haben z.B. Lokalsierungseinstellungen mitunter üble Folgen für YaST (Abstürze). Das ist aber alles zu beheben und zu verstehen, auch ohne großen Aufwand.

Ich wünsche openSUSE noch ein langes Bestehen!